Die Leute glauben immer, die Breite Straße heißt Breitestraße, weil sie eine breite Straße sei. Wie man sieht, ist es noch heute Quatsch. Die preußischen Gesetze schrieben vor, dass eine Straße in Preußen 24 Fuß breit zu sein hatte, also rund 7,50 m, und das galt für alle Straßen, das galt für die Nord, für die Breite, für die Uthmannstraße und so weiter. Wenn man das heute mal nachmisst, sind die Straßen immer noch fast genau 24 Fuß breit in ganz Witten, außer natürlich die Husemannstraße zum Beispiel, also die großen Durchgangsstraßen. Aber das waren damals schon bis auf die Husemannstraße überörtliche Straßen, also staatliche Straßen, sogenannte Chausseestraßen: Crengeldanz Straße, Sprockhöveler Straße, Hörder Straße, keine kommunalen Straßen. 

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Außerdem musste eine Straße auf jeder Seite einen 8 Fuß breiten Bürgersteig haben. Das haben wir in Witten oft nicht mehr, stattdessen haben wir ja überall diese viel zu vielen Parkplätze. Aber warum heißt die Breite Straße Breite Straße, und wo kommt der Name überhaupt her, und was hat sie für einen städtebaulichen Zweck? 

Die Breite Straße existierte bis 1860 ungefähr nur von der Kreuzung Herbeder Straße -Bahnhofstraße bis zum heutigen Karl-Marx-Platz, und es war eine Privatstraße. Die gehörte dem Sägewerksbesitzer Rüping. Rüping war einer der größten Grundstücksbesitzer hier in diesem Stadtentwicklungsgebiet, und er verdiente eine Menge Geld an der Stadterweiterung, weil er seine Grundstücke an interessierte Bauherren verkaufen konnte, nachdem die Straßen offen gelegt waren. Er hat sich dann eine schöne Villa an der Ruhrstraße gebaut. Das ist das heutige Gebäude der Kreissparkasse. Er ist also hier weggezogen.

Die Bahn hatte ein kleines Problem. Die heutige Bahnlinie nach Dortmund verlief etwas weiter in Richtung zu uns hin, sie macht ja so eine Kurve um die Wittener Innenstadt und führt am Sonnenschein vorbei nach Dortmund. Früher ging die Bahnlinie durch die Jahnstraße. Man kann die Brücke heute noch sehen, also durch die Jahnstraße auf das heutige Gelände des Ausbesserungswerks an der Kesselstraße. Die Brücke ist noch erhalten, darunter verliefen die Gleise, und genau an diesem Bahndamm entlang gingen die Leute, die aus Richtung Bochum kommend in die Wittener Innenstadt wollten. Sie hätten sonst den Crengeldanz hinauf bis zum Marienhospital gehen müssen und dann die Hauptstraße runter in die Innenstadt. Das war den meisten zu weit. Der Bahnhof befand sich am Ende der heutigen Breitestraße, also eben da, wo die Moschee ist, und der kürzeste Weg aus Richtung Bochum war über den Bahndamm dahin zu gehen. Wenn man sich das bildlich vorstellt, der Bahndamm bildete die Sehne eines Halbkreises, der vom Crengeldanz über das Marienhospital runter zur Bahnhofstraße und zum Bahnhof führte. Das war der Bahn ein Dorn im Auge, dass die Leute da in Scharen den Bahndamm als Fußweg benutzten. Deswegen wurde die Breitestraße verlängert und erhielt die heutige Trassenführung. 

Und dann gibt es noch eine Besonderheit, die Professor Schoppmeyer herausgefunden hat. Einige Grundstückseigner der Breitestraße wollten keine Grundstücke dafür hergeben, dass die Breite Straße quasi wie mit dem Lineal gezogen geradeaus ging. Das führte dazu, dass die Breite Straße ein bisschen weiter in Richtung Südosten verlegt wurde. Dadurch entstand dann der Knick, den man noch heute am Karl-Marx-Platz in der Straßenführung sieht. Dadurch liegt die Breite Straße so, wie wir sie jetzt kennen, auf den mittelalterlichen Gemarkungsgrenzen. Also, wenn man ein Stück Mittelalter in Witten sucht, dann findet man das hier unter der Breiten Straße, wo die alten Gemarkungsgrenzen verliefen.